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17. Jüdische Kulturtage

01.Juni 2013 | Beiträge – jüdisches berlin | Kultur

15.-25.8.2013, Berlin

Von Altem und Neuem, Vergessenem und Erinnertem, Freudvollem und Nachdenklichem. Von Ost und West, Jung und Alt, Begegnungen und Miteinander. Mit Musik, Literatur, Geschichten und Geschichte, Vorträgen, Kinderführungen, einer Ausstellung, öffentlichen Gottesdiensten, einem großen Fest und sogar live Gekochtem bieten die zehn Festivaltage der 27. Jüdischen Kulturtage vom 15. bis 25. August 2013 eine wunderbare Gelegenheit, so tief in die jüdische Kultur einzutauchen wie auf keinem anderen Festival in Deutschland

Musik

Die »Goldenen Zwanziger« waren in Berlin eine Blütezeit der hebräischen und jiddischen Kultur. Anspruchsvolle Werke neuer jüdischer Musik und jüdische Volkslieder waren in den Konzertsälen der Stadt und bei Rundfunkübertragungen zu hören. Heute ist Berlins jüdische Musikszene wieder lebendig und facettenreich. Klassische Musiker wie die israelische Sopranistin Tehila Nini Goldstein musizieren gemeinsam mit dem weltberühmten Klezmer-Trio um den Klarinettisten Michael Winograd oder der jungen ukrainischen Jiddisch-Sängerin Sveta Kundish. Die künstlerische Leitung des Eröffnungskonzertes der Jüdischen Kulturtage mit dem Namen »Ost und West« übernehmen Alan Bern und Jascha Nemtsov.

»Man erlebte einen oratorischen Orkan, von dem einem Herz und Ohren flatterten«, so schrieb der begeisterte Kritiker der FAZ, als die Sing-Akademie das völlig vergessene Werk »Mose« des Berliner Komponisten Bernhard Marx erstmals wieder zur Aufführung brachte. Aus Anlass des Wagner-Jahres 2013 hat sich die Sing-Akademie vorgenommen, sein Hauptwerk nun erstmals wieder an historisch passendem Ort zur Aufführung zu bringen. Richard Wagner kannte die Partitur des Oratoriums, er hat sie genau studiert und nicht nur musikalische Zitate, sondern auch die durchkomponierte Form des Ganzen in seinen Opern übernommen. Dass ausgerechnet ein dezidiert jüdisches Oratorium als Modell des neuen deutschen, später vom NS-Staat missbrauchten Musikdramas gedient hat – eine Konstellation, die bis heute gern verschwiegen wird.

Giora Feidman, der »Magier der Klarinette«, und der unverwechselbare Schauspieler Ben Becker stehen erstmals mit einem gemeinsamen Programm auf der Bühne: »Zweistimmig – Hommage an Paul Celan«. Becker liest aus Celans Gedichtband »Mohn und Gedächtnis«, Feidman und sein Ensemble treten mit dem Wort in musikalischen Dialog. Gelesen von Becker und von Feidman in Melodien gesetzt, wird offenbar, was Celans Gedichte auszeichnet: nicht nur Schwermut, wie man angesichts seiner Biographie meinen könnte, sondern Menschlichkeit in einer Intensität, die bereichert.

Wie inspirierend eine Begegnung zweier Welten sein kann, zeigt das musikalische Aufeinandertreffen von Avi Avital und Omer Avital. Der erste gilt als der führende Mandolinenvirtuose unserer Zeit, der zweite ist einer der gefragtesten Bassisten und Oud-Spieler seiner Generation. Das Programm ist ein Kaleidoskop ihrer musikalischen Wurzeln und Karrieren: Klassik, Musik des Nahen Ostens und Vorderen Orients, afrikanische Rhythmen und Jazz. Originalkompositionen wie auch Arrangements traditioneller Werke – eine Mischung aus geschriebener und improvisierter Musik. Außerdem mit dabei: Itamar Doari und Omer Klein.

»Einfach und magisch, einfach magisch!« – So beschreiben tausende von glücklichen Besuchern einen Konzertabend mit Shlomo Artzi. In Israel füllt er die großen Arenen, und Besucher jeden Alters singen seine Texte laut mit. Shlomo Artzi ist DER israelische Superstar. Er hatte nicht vor, jemals in Deutschland zu singen. Deshalb sind wir mehr als froh, dass er für die Jüdischen Kulturtage nun eine Ausnahme macht und erstmals ein öffentliches Konzert in Berlin spielt. Einen wundervolleren Abschluss können wir uns für das Festival nicht vorstellen!

Kulinarisches

Bisher widmeten sich die Jüdischen Kulturtage vor allem den Genüssen für Augen, Ohren und Geist – in diesem Jahr kommen auch die anderen Sinne mehr zu ihrem Recht: In der offenen Küche der Brasserie Desbrosses im Ritz-Carlton Berlin bereiten die Meisterköche Martin Lisson und Israel Aharoni »Jewish Ethnic Food« zu. Kaum eine andere Küche steht kulinarisch so unter Einflüssen aus aller Welt wie die jüdische. Aharoni und Lisson sprechen und kochen miteinander, füreinander. Erzählen von besonderen Entdeckungen und weihen die Besucher in die Geheimnisse dieser in Deutschland weithin unbekannten, Küche ein. Eine Veranstaltung, die nicht nur köstlich duften wird – die Besucher dürfen natürlich kosten.

Theater & Gesprochenes

Arye Sharuz Shalicar wird als Sohn iranischer Juden in Deutschland geboren und säkular erzogen. Er weiß lange nicht, dass er Jude ist. Als die Eltern in den Berliner Wedding ziehen, beginnen die Probleme. Die Eltern klären ihn erst im Alter von 13 Jahren über seine Herkunft auf und diese kommt bei seinen muslimischen Freunden nicht gut an. Shalicar erfährt den Hass und Antisemitismus der muslimischen Zuwanderer. Dank eines kurdischen Freundes macht er gleichwohl Karriere in einer türkischen Gang. Wie er aus dieser Situation heraus studiert, nach Israel auswandert und Pressesprecher der Israelischen Armee wurde – davon liest Dominique Horwitz aus Shalicars Autobiographie »Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude«.

Der Hamburger Journalist Emanuel Goldfarb, einziger Sohn von Überlebenden der Schoa, wird von einem Lehrer in den Unterricht eingeladen, damit er den Schülern Fragen zum Judentum beantwortet. Goldfarb will ablehnen, doch die Formulierung der Absage gerät zu einem Monolog, in dem er seine Identität und sein Leben als Jude und Deutscher aufrollt, sich der Frage stellen muss: Kann es einen »ganz gewöhnlichen Juden« in Deutschland geben? Der erfolgreiche Theatermonolog »Ein ganz gewöhnlicher Jude« von Charles Lewinsky ist in einer Fassung des Theater N.N. aus Hamburg zu sehen.

Erzählten Geschichten wohnt eine große Kraft inne. Sie schaffen nicht nur Verständnis für andere Kulturen, sondern sie verbinden auch die zuhörenden Menschen untereinander. Peninnah Schram ist eine Meisterin ihres Fachs: Wenn sie erzählt, so sagt man, »hören selbst die Blätter der Bäume auf zu zittern, um ihr lauschen zu können«. Mit ihrem eleganten und dennoch mitreißenden Erzählstil erzählt sie jüdische Geschichten voll von Weisheit und Humor. Innerhalb der Jüdischen Kulturtage ist sie gleich an zwei Abenden mit Gerard Edery und auch mit der iranischen Künstlerin Maha Alusi zu erleben.

Auch in diesem Jahr widmen sich die Jüdischen Kulturtage einem Aspekt, der immanenter Teil jüdischer Kultur ist: dem Lehren und Lernen. Mit der Vermittlung von Grundlagen, aber auch von speziellem Wissen werden jüdische Kultur, Traditionen und ihre Wirkungen verständlicher. In Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll- und der Konrad-Adenauer-Stiftung können die Besucher an zwei Abenden des Festivals dem Gründer und Direktor des Instituts für Psychologie und Judentum in Tel Aviv, Dr. Yair Caspi, lauschen und mit ihm diskutieren.

Ausstellung

Im Mai 1945 wurden in Berlin etwa 8 000 Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung befreit. Die wichtigsten Fragen drehten sich um die Beschaffung von Nahrung und Obdach. In ehemaligen Gemeindeeinrichtungen schufen Überlebende Suppenküchen und bemühten sich um gegenseitige Hilfe. Bereits wenige Tage nach der Befreiung fanden sich an verschiedenen Orten Menschen zu gemeinsamen Gottesdiensten zusammen. Bis Ende September 1945 entstand aus diesen Initiativen die Jüdische Gemeinde zu Berlin mit Hauptsitz in der Oranienburger Straße 28. Später kamen noch jüdische Displaced Persons hinzu. Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass nur ein einziger dieser Menschen in der Stadt bleiben würde, in der der millionenfache Massenmord befohlen wurde. In 15 Stationen erzählt die Ausstellung »Bleiben! Juden in Berlin nach der Befreiung« mit Bildern, Dokumenten und Objekten von der Situation der Überlebenden und ihren Versuchen einen Weg ins Leben zurück zu finden.

Kinderprogramm

Warum beginnt das jüdische Neujahr schon im Herbst? Warum soll man zu Rosh Haschana Süßes essen, und was hat es mit dem Schofar auf sich? In diesem Jahr bietet das Festival zum ersten Mal ein Programm von Kindern für Kinder an. Wir laden Kinder von fünf bis 13 Jahren ein, mehr über die jüdische Geschichte in Berlin sowie jüdische Feste und Traditionen zu erfahren. An zwei Nachmittagen vor dem Schabbat erklären Kinder in der Neuen Synagoge an der Oranienburger Straße »ihre« Synagoge.

Fest

Wegen des großen Erfolges in den vergangenen Jahren holen wir den Shuk Ha-Carmel wieder nach Berlin: Berauschender Duft von exotischen Gewürzen und frischem Brot, ein Meer von Farben, soweit das Auge reicht, und mitreißende Musik. Wir feiern ein rauschendes Fest, und alle sind herzlich eingeladen!

Offene Türen

Berliner und ihre Gäste sind in der Langen Nacht der Synagogen wieder eingeladen, das religiöse Leben in den Synagogen kennen zu lernen, an der Hawdala-Zeremonie zum Schabbat-Ausgang teilzunehmen und ein vielfältiges Programm zu entdecken. In diesem Jahr findet dieses beliebte Ereignis erstmals im Rahmen der Langen Nacht der Religionen statt. Außerdem laden die Synagogen wieder herzlich ein, am 23. August an den Schabbat-Gottesdiensten teilzunehmen.

 

Sing-Akademie. Foto: Matthias Heyde

Sing-Akademie. Foto: Matthias Heyde

Programmübersicht

Donnerstag | 15.8.2013

▷ Synagoge Rykestraße

20 Uhr | Eröffnungskonzert | OST und WEST – Jüdische Musikwelten

 

Freitag | 16.8.2013

▷ Centrum Judaicum

15 Uhr | Führung von Kindern für Kinder | Schau in meine Welt!

 

Samstag | 17.8.2013

▷ Diverse Synagogen

ab 19 Uhr | Lange Nacht der Synagogen im Rahmen der Langen Nacht der Religionen

▷ Centrum Judaicum

21 Uhr | Vernissage | Bleiben! Juden im befreiten Berlin

▷ Jüdisches Museum Berlin

21.00 Uhr | Storytelling | Peninnah Schram & Maha Alusi (in englischer Sprache)

 

Sonntag | 18.8.2013

▷ Vor dem Gemeindehaus Fasanenstraße 12–19 Uhr | Fest | Shuk Ha-Carmel

▷ Synagoge Rykestraße

20 Uhr | Storytelling | Peninnah Schram & Gerard Edery (in englischer Sprache)

 

Montag | 19.8.2013

▷ Konrad-Adenauer-Stiftung

18 Uhr | Vortrag & Gespräch | Judentum bedeutet Lernen 1 |
Von dem Menschen, der versuchte, Gott zu sein und als Tier lebte, mit Dr. Yair Caspi

 

Dienstag | 20.8.2013

▷ Werkstatt der Kulturen

18 Uhr | Vortrag & Gespräch | Judentum bedeutet Lernen 2 |
Das Fundament jüdischer Psychologie – Leiden = Prüfung oder Strafe?, mit Dr. Yair Caspi

▷ Renaissance-Theater Berlin

20 Uhr | Lesung | Dominique Horwitz liest aus »Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude« von Arye Sharuz Shalicar

 

Mittwoch | 21.8.2013

▷ Centrum Judaicum

20 Uhr | Theater | Ein ganz gewöhnlicher Jude

▷ Synagoge Rykestraße

20 Uhr | Konzert | »Mose in Ägypten«, mit der Berliner Singakademie

 

Donnerstag | 22.8.2013

▷ Synagoge Rykestraße

20 Uhr | Lesung & Konzert | Giora Feidman & Ben Becker: Zweistimmig – eine Hommage an Paul Celan

 

Freitag | 23.8.2013

ab 19 Uhr | Öffentliche Schabbat-
G-ttesdienste in den Berliner Synagogen

 

Samstag | 24.8.2013

▷ Synagoge Rykestraße

21 Uhr | Konzert | Avital meets Avital

 

Sonntag | 25.8.2013

▷ Brasserie Desbrosses | The Ritz-Carlton Berlin

17 Uhr | Livecooking | Jewish Ethnic Food mit Israel Aharoni (Israel) & Martin Lisson (Deutschland)

▷ Synagoge Rykestraße

20 Uhr | Abschlusskonzert | Shlomo Artzi (Israel) & Band

 

Das komplette Programm finden Sie ab dem 7. Juni unter:

www.juedische-kulturtage.org

 

Service

Tickethotline: T 841 089 09

Tickets erhalten Sie auch in allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie in der Jüdischen Literaturhandlung Berlin, Joachimstaler Straße 13, 10719 Berlin, T 882 42 50

www.juedische-kulturtage.org

www.ticketmaster.de