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Alle sind willkommen

30.Januar 2009 | Beiträge – jüdisches berlin | Kultur

Nach der Verabschiedung von Nicola Galliner und Christian Deutschmann ist die Jüdische Volkshochschule in neuer Besetzung in das Jahr 2009 gestartet. Geleitet wird sie nun kommissarisch von Galina Grodynskaja. Ihr stehen Dr. Elvira Grözinger und Sigalit Meidler-Waks zur Seite.

Frau Grözinger, Frau Meidler-Waks, hat die Jüdische Volkshochschule jetzt vier Chefs?

MW: Herr Tähtinen ist Dezernent für Kultur.

Dann hat sie also drei? 

EG: Frau Grodynskaja war bisher Sprachlehrerin an der JVHS und hat jetzt kommissarisch die Leitung übernommen, und wir sind für die wissenschaftliche Beratung und das Programmkonzept zuständig. 

Was ist denn Ihr beruflicher Background?

EG: Ich war Gründungsdezernentin der Frankfurter JVHS. Erwachsenenbildung ist mein Metier.

MW: Ich bin Kunsthistorikerin und Judaistin und hatte mit Erwachsenenbildung zu tun.

Wie konnten Sie sich bisher bei der Programmarbeit einbringen?

EG: Wir waren beide Mitglieder im Kulturausschuss. Als Frau Galliner aufhörte, haben wir unsere Ideen und Erfahrungen aus der Volkshochschularbeit eingebracht. Wir haben zusammen ein Konzept erarbeitet, wie man die JVHS neu aufbauen und sie zukunftsfähig machen kann.

Was meinen Sie damit?

MW: Das klingt sicher sehr allgemein. Vielleicht geben wir ein paar Beispiele. Wir werden in jedem Trimester einige Sonntagsmatineen durchführen und es wird Dokumentarfilme geben. Überhaupt soll es aktueller zugehen wie mit einem Vortrag von Rabbiner Tovia Ben Chorin zur aktuellen Wirtschaftslage, und wir wollen auch politische Themen aufgreifen, die die Leute beschäftigen, so wie wir es jetzt mit einer Matinee mit Ilan Mor machen.

EG: Außerdem haben wir im neuen Trimester auch Seminarreihen zu Themen der jüdischen Geschichte und der jüdischen Literatur – im konkreten Fall »Juden in Berlin« und »Kafka und die jüdisch-zionistische Frau«.

MW: Wir werden auf alle Fälle Kooperationen mit anderen Einrichtungen und Organisationen eingehen. Im Gemeindehaus gibt es ja zum Beispiel keine Filmvorführtechnik für ein größeres Publikum. Wir wollen unter anderem Dokumentarfilme zeigen. Was bereits auch für das nächste Trimester geplant ist, ist ein Workshop über jüdische Kantoralmusik in Zusammenarbeit mit dem Jewish Institute of Cantorial Arts und unserer Kulturabteilung. 


Galina Grodynskaja, kommissarische Leiterin der JVHSElvira GrözingerSigalit Meidler-Waks

Was wird mit den bisherigen Standbeinen der JVHS?

EG: Die Sprachkurse – Deutsch, Iwrit, Jiddisch, eventuell in Zukunft auch Aramäisch – finden natürlich weiterhin statt; das ist ja eine der Hauptarbeiten unserer JVHS. Und für alles, was damit zusammenhängt, ist Galina Grodynskaja zuständig.

MW: Literatur und vor allem Musik und auch Kunst sollen aber neue Standbeine werden, über die Seminare zu jiddischen Liedern oder israelischen Volkstänzen, die es bisher schon gab, hinaus. Zum Beispiel hält die Künstlerin Anna Adam im März einen Vortrag, eine tolle Frau.

EG: Und wir haben bereits etliche Angebote von Dozenten, denen das neue Programm sehr gefällt. Wir müssen also gar nicht suchen, die Leute kommen selbst auf uns zu. Das ist sehr schön und macht uns Mut. 

MW: Neu ist auch noch, dass wir in jedem Trimester mindestens eine Veranstaltung in Englisch oder Russisch anbieten wollen, um den geänderten Bedingungen in der Gemeinde und in der Stadt Rechnung zu tragen. Als erstes steht ein Gespräch zwischen den Rabbinerinnen Dalia Marx und Gesa Ederberg zum Thema Gleichberechtigung und Halacha an und dann ein Gesprächskonzert mit dem Musikwissenschaftler Jascha Nemtsow.

Gibt es so etwas wie ein langfristiges Ziel bei Ihrer Planung?

MW: Die JVHS soll wieder zu einem kulturellen Zentrum der Gemeinde werden, wir wollen die Mitglieder stärker einbinden und die zersplitterten Klubs näher zusammenbringen. Wir wollen Synergieeffekte nutzen und wieder viel mehr auch mit unserer Bibliothek zusammenarbeiten, die schließlich eine der besten thematischen Bibliotheken ist. 

EG: Aber am wichtigsten ist: Wir wollen die jüdischen und nicht-jüdischen Berliner, die muslimischen und christlichen und wen auch immer einladen, bei uns Beiträge zu leisten oder zu lernen. Sie sind alle willkommen.

Das Gespräch führte Judith Kessler