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Anti Al-Quds

01.November 2008 | Beiträge – jüdisches berlin | Politik

Am 27. September demonstrierten – wie bereits seit 1979 – auch in diesem Jahr wieder Khomeini-Anhänger auf dem Kurfürstendamm anlässlich des internationalen »Al Quds-Tages« gegen Israel und für die »Befreiung Jerusalems« und wie in jedem Jahr fanden sich auch diesmal wieder einige Dutzend Gegendemonstranten auf dem Breitscheidplatz ein, die gegen antisemitische und antiisraelische Hetze protestierten. Zu wenige, angesichts der Gefahren, die vom Mullah-Regime und dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad ausgehen, die radikale antisemitische und antiisraelische Organisationen finanziell und logistisch unterstützen und Israel das Existenzrecht absprechen.



Die Al Quds- und die Anti-Al Qds-Demonstration am 27. September auf dem Berliner Kurfürstendamm.Fotos: KesslerAnti Al-Quds - 2Anti Al-Quds - 3Anti Al-Quds - 4Anti Al-Quds - 5

Zum Protest gegen den Al Quds-Tag hatten unter anderem aufgerufen: Levi Salomon von der Jüdischen Gemeinde (die Vorsitzende Lala Süsskind war als eines von wenigen Gemeindemitgliedern ebenfalls vor Ort), Abgeordnete wie Klaus Lederer, Gregor Gysi und Petra Pau von der »Linken«, Monika Thamm (CDU), Marcus Löning (FDP), Cem Özdemir (Die Grünen), Hamid Nowzari vom Verein iranischer Flüchtlinge, die Anwältin Seyran Ates sowie Vereine wie die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Mit kurzen Redebeiträgen meldeten sich unter anderem Exiliraner und die Abgeordnete Evrim Helin Baba (Die Linke) zu Wort, die davor warnte, den radikalen Islam als »kulturelle Eigenart« zu verharmlosen, denn er bedeute nicht nur Antisemitismus, sondern auch Frauenverachtung, Homophobie, die Verfolgung Andersdenkender und Kriegstreiberei.
Dann zogen etwa 400 Al-Quds-Demonstranten, unter ihnen viele Frauen und Kinder mit Plakaten und Fahnen an der kleinen Pro-Israel-Kundgebung vorbei – mit Schmährufen und Bannern, auf denen neben »harmlosen« Alle-Religionen-sind-gleich-Botschaften das Ende eines »Holocaust gegen die Palästinenser« oder auch »Zionisten raus aus Jerualem« gefordert wurde. Schon im Vorfeld waren die Befürworter der Gegendemonstration auf der Al-Quds-Webseite kollektiv zur »fünften Kolonne der Zionisten« ernannt worden. So aufgestachelt begannen einige besonders aggressive Jugendliche angesichts von ein paar Israel-Fahnen die Anti-Al-Quds-Demonstranten wild zu beschimpfen und versuchten, handgreiflich zu werden. Die Polizei verhinderte Übergriffe...
Fragen bleiben nach dieser Veranstaltung einige offen. Sind Hetzplakate und Gesten, wie die gezeigten, tatsächlich mit dem Grundgesetz vereinbar? Sind solche Demonstrationen im Rahmen der deutschen Rechtsordung also legitim? Ist es im Sinne des Jugendschutzes, wenn Kinder als Werbeflächen für fanatische Ideologien benutzt werden? Was muss (noch) geschehen, damit (mehr) Gemeindemitglieder auf die Straße gehen, um dagegen zu protestieren, dass sie (»die Juden«) und der Staat Israel (»die Zionisten«) angepöbelt, verflucht und angegriffen werden? Was muss (noch) geschehen, damit auch die Berliner auf die Straße gehen, um dagegen zu protestieren, dass ihre »freiheitlich-demokratische Grundordnung« (nicht nur mit Plakaten gegen Juden) missbraucht wird und sich Wegsehen letztlich gegen sie selbst wenden kann? Und was muss (noch) geschehen, damit ein Mahmud Ahmadinedschad nicht – wie am 23. September 2008 vor der UN-Generalversammlung – noch einmal ein internationales Podium für seine widerlichen Hetztiraden bekommt, ohne dass sich lauter Widerstand regt? Was muss (noch) geschehen, dass (auch) Deutschland keine Geschäfte mehr mit einem Staat macht, dessen Führer vor aller Welt und ohne Widerspruch das baldige Ende des »zionistischen Regimes« ankündigen darf? Ganz offenbar reicht es jedenfalls nicht aus, wie er von »zionistischen Mördern« zu reden und von Industrienationen, die den »Wünschen einer kleinen Anzahl von habgierigen und aufdringlichen Menschen gehorchen«, einer »kleinen aber hinterlistigen Zahl von Leuten namens Zionisten«, die in »tückischer, komplexer und verstohlener Art und Weise einen wichtigen Teil der finanziellen Zentren sowie der politischen Entscheidungszentren einiger europäischer Länder und der USA« beherrschten.     Judith Kessler