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Die Grenze zwischen Assimilation und Integration

01.Dezember 2020 | Beiträge – jüdisches berlin | Feiertage

Betrachtungen zu Channuka 5778 von Gemeinderabbiner Jonah Sievers

Wieder ist es soweit. Wir feiern ein Fest unter dem Einfluss der COVID-19 Pandemie. Am Abend des 10. Dezember begehen wir dieses Jahr Channuka. Aber was genau feiern wir an diesem Tag? 
Die historischen Fakten sind allseits bekannt. Im Jahr 167 v.u.Z. erließ der Seleukidenkönig Antiochus IV. Gesetze, die die Ausübung der jüdischen Religion verboten und so einen Angriff auf die Identität des Volkes bildeten. Neben diesem Verbot wurde der Jerusalemer Tempel Zeus-Olympius geweiht. Noch im selben Jahr erhob sich eine kleine Schar von Juden, unter der Führung von Matitiahu und seinen Söhnen, um gegen die Seleukiden zu kämpfen. Dieser Kampf war erfolgreich und die Hasmonäer konnten einen unabhängigen jüdischen Staat etablieren. Schon vorher, im Jahre 164 v.d.Z., konnte der Tempel wieder eingeweiht werden.
Dabei wurde jedoch nur ein Krug koscheren Öls gefunden, das zur Tempelreinigung notwendig, aber nicht ausreichend war. Auf wunderbare Weise hielt dieses Öl aber acht Tage lang, bis neues koscheres Öl hergestellt werden konnte. In Erinnerung an dieses Wunder zünden wir während der Channukatage die Lichter, um das Wunder bekannt zu machen.
Unsere Weisen haben gerade diesen Aspekt des Wunders herausgestellt und eine Haftara ausgewählt, die sich darauf bezieht. Auch in der Diaspora bildete der Aspekt des Wunders den Kern von Channuka. Allerdings könnte man auch die Tatsache, dass eine kleine Armee eine größere in die Knie zwang, herausheben. Dies erschien den Rabbinern unter römischer Herrschaft offenbar als zu gefährlich. Für den entstehenden Staat Israel allerdings spielte insbesondere dieser Sieg  die entscheidende Rolle.
Im Mittelpunkt steht aber doch die Frage, wie wir auch in einer nichtjüdischen Welt Juden bleiben. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Channuka vor allem für Kinder das beliebteste Fest überhaupt ist. Dabei, so bin ich mir sicher, hat diese Beliebtheit etwas mit der zeitlichen Nähe zu Weihnachten zu tun. Den Geschenken zu Weihnachten wurden die Geschenke zu Channuka (und das auch noch für acht Tage) entgegengesetzt.
Es ist gewiss nicht so, dass die Makkabäer sich gänzlich von der Umwelt abgesetzt haben, mussten sie doch in einer hellenistischen Welt leben und sich zurechtfinden. So bleibt unsere Aufgabe heute und zukünftig, die Grenze zwischen Assimilation und Integration immer wieder aufs Neue auszuloten. Die Lehre von Channuka kann folglich nur die sein, dass der einzig gangbare Weg die Integration darstellt und nicht die Assimilation. Demgemäß zünden wir ab dem 25. Kislew stolz unsere Channukalichter an, um so das Wunder der Welt bekanntzumachen.
Chag Urim Sameach! 

Die Grenze zwischen Assimilation und Integration