Beitragssuche

Datum / Zeitraum:
Beitragsart:
Kategorie:

Grußwort des Gemeindevorsitzenden

01.Juni 2018 | Beiträge – jüdisches berlin | Gemeinde

Liebe Gemeindemitglieder,
unsere Gemeinde wird wachsen und gedeihen. Nach Jahrzehnten des Stillstandes freuen wir uns, über neue Entwicklungen zu berichten. Unsere Kindereinrichtungen werden weiter ausgebaut. Insgesamt drei neue Wachstumsprojekte haben wir ins Leben gerufen.

1. einen neuen Kindergarten auf dem Gelände des Seniorenzentrums
2. einen neuen Kindergarten in der Oranienburger Straße
3. eine Sekundarschule auf dem Gemeindegelände Auguststraße

Zu 1. Gibt es ein schöneres Geschenk für unsere Großeltern, als ihre Enkel täglich sehen zu können? Ab September 2018 ist die Eröffnung einer neuen Krippe für Kleinkinder bis 3 Jahren mitten auf dem Gelände unseres Seniorenzentrums geplant. Unsere Kita in der Delbrückstraße erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Es gab immer viel mehr Interessenten, als es Plätze gab. So haben wir für dieses Jahr rund 100 Kinder auf der Warteliste, aber nur etwa 40 Plätze zu vergeben. Wir freuen uns, dass wir ab diesem Jahr weiteren 40 bis 50 Familien einen Platz in einer jüdischen Krippe ermöglichen werden. Der Umbau läuft seit April auf Hochtouren. Es wurde ein neues, generationsübergreifendes pädagogisches Konzept erarbeitet.

Parallel kümmern wir uns bereits darum, dass auf demselben Gelände bald auch eine Kita für über 3-jährige Kinder entsteht. Wir planen dort bis zu 60 weitere Kita-Plätze.

 Wir sind überzeugt, dass durch dieses neue Konzept ein wunderbares jüdisches Mehrgenerationenhaus entstehen wird, in dem sich Klein und Groß sehr wohlfühlen werden.

 Zu 2. Unser gemeinsames Ziel ist es, möglichst vielen Kindern eine jüdische Erziehung zukommen zu lassen. Bisher hatten wir Kitaplätze ausschließlich im Westen der Stadt. Schon seit langem erreichen uns immer mehr Anfragen von Gemeindemitgliedern aus dem Ostteil der Stadt, für die die Anfahrtswege zu den Gemeindekitas im Westen zu lang sind. Auch dieses Problems nehmen wir uns jetzt mit vereinten Kräften an: Die Planungen für die Errichtung einer Kita im Bezirk Mitte stehen ebenfalls kurz vor dem Abschluss. Bald wird auch unter der Goldkuppel in der Oranienburger Straße Kinderlachen zu hören sein.

 Zu 3. Die Anschubfinanzierung für die Errichtung einer jüdischen Sekundarschule auf dem Gemeindeareal in der Auguststraße ist gesichert! Das Ab-
geordnetenhaus hat dem Antrag auf Sanierung des denkmalgeschützten Ahawah-Ensembles in der Auguststraße zugestimmt und dafür im aktuellen Haushalt Mittel in Höhe von 3,6 Millionen Euro bewilligt.

 Damit ist der erste Schritt zur Errichtung, der von der Gemeinde so dringend benötigten Sekundarschule, getan. Die Gesamtkosten der Sanierung des historischen Gebäudeensembles werden auf 12,5 Millionen Euro geschätzt.

 Die insgesamt drei Gebäude in der Auguststraße wurden zwischen 1858 und 1861 als Krankenhaus erbaut und in den 1920er Jahren zum Kinderheim umgewidmet. In der Zeit der NS-Terrorherrschaft wurde das Haus der Jüdischen Gemeinde entzogen. Nach der Wiedervereinigung stand das gesamte Ahawah-Gebäude leer. Über die Jahre wurden verschiedene Nutzungskonzepte diskutiert.

 Um unser Anliegen voran zu bringen, hat der Gemeindevorstand seit Sommer letzten Jahres Gespräche mit Vertretern fast aller Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus geführt. Diese Gespräche haben nun Früchte getragen, und ich bin sehr glücklich, dass wir den Ahawah-Komplex, ein Herzstück der alten Berliner Gemeinde, wieder mit Kinderlachen beleben werden.

 Die neue Sekundarschule soll mit der sich bereits in der Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde befindlichen Heinz-Galinski-Grundschule und dem Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn das vollständige Spektrum der Berliner Schulformen wieder aufnehmen. Ein erstes pädagogisches Schulkonzept ist dank der freundlichen Unterstützung der ehemaligen Direktorin des Jüdischen Gymnasiums, Barbara Witting, bei der ich mich im Namen des gesamten Vorstandes herzlich bedanken möchte, bereits erarbeitet. So bleibt das jüdische Profil gewährleistet und die Sekundarschule kann ein herausragendes Beispiel für lebendiges Judentum in der Berliner Bildungslandschaft werden.

Nach jahrzehntelangem Stillstand beim Ausbau unserer Bildungseinrichtungen können wir uns nun zu Recht wieder über Wachstum freuen.
 
Liebe Gemeindemitglieder,
auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe sehen Sie einen Bildausschnitt von unserer Solidaritätskundgebung »Berlin trägt Kippa«. An dieser Stelle möchte ich mich nochmals von ganzem Herzen bei allen Unterstützern bedanken, die an diesem Tag mit uns gemeinsam Gesicht gezeigt haben und die Aktion tatkräftig unterstützten. Wir waren überwältigt von der Vielzahl an Organisationen, politischen Vertretern, aber auch Initiativen, die sich aus der Mitte der Gesellschaft gebildet haben und uns innerhalb kürzester Zeit ihre Unterstützung zugesagt haben.

Insgesamt rund 3000 Menschen waren mit uns gemeinsam in der Fasanenstraße und haben als Symbol für Toleranz und gegen Antisemitismus eine Kippa getragen. Frauen und Männer, Christen, Moslems und Juden haben an diesem Tag ein starkes Zeichen gesetzt. Viele weitere Unterstützer, die nicht vor Ort sein konnten, haben sich in ganz Berlin mit Kippot gezeigt.

Wir hoffen sehr, dass diese schöne Geste einiges angestoßen hat. Ähnliche Aktionen wurden auch in anderen deutschen Städten ins Leben gerufen. Wir begrüßen auch die Ende Mai von der CDU Deutschland veranstaltete Aktionswoche gegen Antisemitismus, in der Mitglieder des CDU-Bundesvorstandes in ihren Heimatverbänden an Veranstaltungen der Jüdischen Gemeinden in ganz Deutschland teilgenommen haben.

Solch sichtbare Zeichen der Solidarität kann es in diesen Tagen nicht genug geben. Nun müssen aber auch konkrete Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus folgen. Wir werden den Entwicklungen der letzten Jahre entschlossen entgegentreten. Die zuständigen politischen Vertreter werden wir auffordern, mit uns gemeinsam handfeste Konzepte zu erarbeiten. Wir werden nicht zulassen, dass die neuesten Auswüchse des ältesten Hasses der Menschheitsgeschichte ihren Lauf in Deutschland fortsetzen.

Ihr
Dr. Gideon Joffe

Grußwort des Gemeindevorsitzenden