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Ver-Querdenkende Antisemiten

01.Mai 2021 | Beiträge – jüdisches berlin | Gesellschaft

Jeden Tag: Drei antisemitische Übergriffe in Berlin. Dieses Fazit bleibt nach der Präsentation der Antisemitischen Vorfälle in Berlin 2020 durch RIAS Berlin am 19. April.

Die Expert*innen stellten für das vergangene Jahr eine Zunahme von mehr als 13% auf 1.004 antisemitische Vorfälle fest – obwohl 2020 der große Antisemitismus-Spreader-Event »Al Quds-Marsch« abgesagt worden war.  Das ist die gelebte Realität von Jüdinnen und Juden in dieser Stadt.
Woher die Zunahme? 
Antisemitismus ist ein Chamäleon und passt sich sehr schnell gesellschaftlichen Erfordernissen an. Der Vergleich der Zahlen von RIAS Berlin 2018 und 2020 untermauern diese Erkenntnis: Während 2018 der israelbezogene Antisemitismus vorherrschend war, wurden 2020 Verschwörungsideologien prägender. Was nicht heißen will, dass Ersterer verschwunden wäre. 
Festzuhalten ist, dass im Zuge der Corona-Krise Shoa-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr und die Verbreitung antisemitischer Mythen massiv zugenommen haben.
Verschwörungslegenden und das Narrativ der jüdischen Weltverschwörung gehören zum ideologischen Kern eines nicht unerheblichen Teils der »Querdenker«. 
Diese bezogen sich mehr als einmal auf die sogenannten »Protokolle der Weisen von Zion«, ein auf Fälschungen beruhendes antisemitisches Pamphlet, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstellt wurde und das vom NS-Ideologen Alfred Rosenberg und anderen Nazi-Größen zur Pseudo-Rechtfertigung der Schoa herangezogen wurde und bis heute große Wirkkraft hat, zum Beispiel bei Rechtsextremisten oder Islamisten wie den Muslimbruderschaften. 
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass, sobald die Gesellschaft mit einer Krise konfrontiert wird, wenn bisherige Sicherheiten in Frage gestellt werden die Mythen Konjunktur haben, die einfache »Erklärungen« anbieten, die die Welt in schwarz und weiß, in gut und böse unterteilen. Einfache Wahrheiten, klare Feindbilder, in unsicheren Zeiten mag das für viele reizvoll sein, um Sündenböcke stigmatisieren zu können, es hat aber mit der Realität nichts zu tun.
Erst in jüngster Vergangenheit haben Sicherheitsbehörden, wie der Berliner Verfassungsschutz damit begonnen, die »Querdenker« verstärkt zu beobachten und sehen ihr demokratiegefährdendes Potential. Es wird Zeit, mit den Mitteln des Rechtsstaates gegen sie vorzugehen. 
Sigmount Königsberg

Der Bericht von RIAS ist abrufbar unter:
https://report-antisemitism.de/documents/Antisemitische-Vorfaelle-2020_Jahresbericht_RIAS-Berlin.pdf

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