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Für die Seele des Judentums kämpfen

01.Dezember 2014 | Beiträge – jüdisches berlin | Jugend, Religion

Was war der Kernpunkt bei dem Konflikt zwischen Juden und Griechen während Chanukka?

Die Fakten der Geschichte sind bekannt: Sie ist 2100 Jahre her. Ein syrischer Herrscher namens Antiochus bestieg den Thron und war entschlossen, den Juden seine Wertvorstellungen aufzuzwingen. Eine kleine Gruppe Juden, die Makkabäer, revoltierten. Sie führten einen brillanten Kampf und eroberten Jerusalem innerhalb von drei Jahren zurück. Es war, wie wir in den Chanukka-Gebeten sagen, ein Sieg »der Schwachen gegen die Starken«. Es herrschte Religionsfreiheit für alle, und der Tempel wurde wieder geweiht.

Aber was war der Kernpunkt des Konflikts? In dem Gebet W’al Hanissim beschreiben wir ihn so: »In den Tagen von Matitjahu … als das böse hellenistische Regime sich gegen Israel wandte, um dafür zu sorgen, dass Ihr Eure Tora vergesst und die Dekrete Eures Willens brecht...«

Jedes Wort dieses Gebetes ist präzise. Warum steht da nicht »als das Regime sich gegen Israel wandte, damit sie die Tora vergessen und die Dekrete brechen«? Warum die Betonung auf »EURE Tora?« Weil hiermit deutlich gemacht wird, worum es überhaupt ging. Es ging nicht nur um die religiöse Freiheit, es ging viel tiefer. Der Konflikt ist heute noch aktuell. Es geht um die Frage, was die wahre Essenz des Judentums ist.

Es gibt eine Geschichte von einer Gruppe Kutscher in einer kleinen Stadt in Rußland, die beunruhigende Neuigkeiten hörten: Es wurden Streifen aus Eisen überall in Rußland verlegt, auf dem ein Monster aus Eisen fuhr, das Kohle fraß und rauchte, und dreimal so schnell wie ein Pferd war. Die Kutscher beschlossen, sich dies mit eigenen Augen anzusehen. Der Zug fuhr ein. Die Kutscher waren bis ins tiefste Innere ihrer Seelen erstaunt und benommen. Einer rief: »Da muss doch irgendwo ein Pferd versteckt sein. Überlegt mal, ein Pferd, wahrscheinlich so groß wie ein Kätzchen, das so viele Wagen ziehen kann. Was für ein Pferd!«

Diese Episode fängt den wahren Konflikt zwischen Griechen und Juden ein. Es war nicht die Tora per se, die das hellenistische Regime dem Volke Israel entreißen wollte, aber EURE Tora. Die Griechen waren auch nicht dagegen, dass die Juden die Mizwot als moralischen und ethischen Kodex einhielten, sie waren speziell gegen die Dekrete EURES Willens, diesen wollten sie verbieten.

Die 613 Mizwot der Tora kann man in drei Kategorien einteilen: Gesetze (Mischpatim), Zeugnisse (Ejdot) und Dekrete (Chukim). Die »Gesetze« sind die »rationalsten« Mizwot. Die »Zeugnisse« sind die Mizwot, welche kennzeichnen und gedenken – Schabbat, Pessach, etc. Dann gibt es die »Dekrete«, so wie das Verbot Milch und Fleisch zu vermischen, oder die Gesetze der Mikwa.

Für die Griechen war der Mensch das Höchste. Der Körper eines Athleten, der Verstand eines Philosophen – das war der Höhepunkt der Existenz. Wenn der Mensch perfekt war, war er G-tt. Der Gedanke, dass es vielleicht etwas gibt, was transzendenter als die glorreiche Krone des Menschen, der Intellekt, ist, galt ihnen als Ketzerei.

Tora? Selbstverständlich gerne. Der Hellenist respektierte die jüdische Philosophie als Teil der großartigen Suche des Menschen nach Wissen. Dekrete? Ah, das kann er nicht akzeptieren. Er muss die Vernunft hinter der Mizwa verstehen. Und da unterscheidet sich das Judentum. Die Essenz des Judentums ist die Überzeugung, dass G-tt das Universum transzendiert und sogar die Logik. Wir erfüllen die Mizwa, um uns mit G-tt zu verbinden und eins zu werden mit Ihm, in Seinem intimen Wesen und Seiner Reinheit.

Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal

 

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