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»Nächstes Jahr in Jerusalem«

01.April 2015 | Beiträge – jüdisches berlin | Feiertage

Gedanken zum Pessachfest von Rabbiner Yitshak Ehrenberg

Unsere Weisen sel. A. sagen: »Im Nissan wurden sie erlöst und im Nissan werden sie zukünftig erlöst werden« (Massechet Rosch HaSchana 11a). Die erste Erlösung war der Auszug aus Ägypten, die Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft in die Freiheit – Pessach. Der Talmud sagt, dass zu Pessach die »Vision Jecheskiels von den Totengebeinen« (Jecheskiel 37:1-14) vorzulesen ist. Dieser Abschnitt beschreibt, wie G‘tt Jecheskiel an einen Ort brachte, an dem trockene Gebeine lagen und ihm sagt: »Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret das Wort des Ewigen. So spricht der Herr, der Ewige, zu diesen Gebeinen: Ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet.« Daraufhin sammeln sich die Gebeine und werden wieder lebendig – eine Vision der Auferstehung. Der Ewige sprach zu Jecheskiel in einer Situation, in der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung herrschten. Die Knochen des Volkes Israel sind in der Diaspora, im ersten babylonischen Exil, vertrocknet. Aber so wie diese verdorrten Gebeine in der Vision wieder lebendig wurden, so werden auch die Kinder Israel wieder nach Erez Jisrael kommen. Diese Verheißung soll Jecheskiel dem Volk überbringen.

Im Talmud gibt es eine Diskussion darüber, ob es sich bei der Geschichte um einen Traum oder um tatsächlich Geschehenes handelt. Nach Rabbi Jehuda ist diese Auferstehung ein Gleichnis. G‘tt habe angedeutet, dass wer in der Diaspora lebt, wie ein Toter sei – und verheißen, dass die dort lebenden Juden nach Israel zurück kehren werden. Nach Rabbi Elazar hatte Jecheskiel tatsächlich tote Gebeine wieder zum Leben erweckt, die dann nach Israel gingen, heirateten und Kinder bekamen. Diese Version unterstützt auch Rabbi Jehuda Ben Betejra, der von sich sagte, ein Nachkomme dieser Wiederauferstandenen zu sein.

Nach der Auffassung Rabbi Jehudas soll Jecheskiel das Volk Israel ermutigen. Es soll nicht aufhören zu glauben, dass es eine Rückkehr nach Israel geben wird. Es soll beharrlich auf die Zeit der Erlösung warten. G’tt hat seine Zusage gegeben, dass ER die Kinder Israels nach Israel zurück bringen wird. In der Zeit des Messias wird dort der »Knecht Davids«, ein Nachkomme von König David, regieren und wir werden auf ewig in diesem Land wohnen.

RaMbaM schreibt im zwölften seiner dreizehn Glaubensartikel: »Ich glaube mit festem Glauben, dass der Messias kommen wird und wenn er sich auch verzögert, trotzdem hoffe ich täglich auf ihn, dass er kommen wird.« Ferner schreibt er, dass sich das normale Leben nicht verändern wird, wenn der Messias kommt. Für Israel bedeute die Erlösung, frei und unabhängig zu sein. In Freiheit in Erez Israel leben und unsere Religion ausüben zu können. Erlösung heiße, nicht mehr von den Völkern gequält zu werden.

Heute sehen wir, wie sich die Prophezeiung Jecheskiels erfüllt: Das Volk Israel kehrt in sein Land zurück. Manche Juden kommen aus freien Stücken, andere, weil sie aus ihren Ländern fliehen, wie heute aus Europa. Juden aus aller Welt leben heute in Jerusalem. Trotzdem sagen wir noch immer am Ende des Sederabends: »Nächstes Jahr in Jerusalem«, denn wir warten auf das vollkommene Jerusalem, auf Jerusalem, die Stadt des Friedens – darauf, dass alle Völker erkennen werden, dass der Ewige G’tt ist, wie es heißt: »Und es wird geschehen: von Neumond zu Neumond und von Schabbat zu Schabbat wird alles Fleisch kommen, um vor mir anzubeten, spricht der Ewige« (Jesaja 66:23), »und es wird geschehen an jenem Tage, da wird in eine große Posaune gestoßen werden, und die Verlorenen im Lande Assyrien und die Vertriebenen im Lande Ägypten werden kommen und den Ewigen anbeten auf dem heiligen Berg in Jerusalem« (Jesaja 27:13).

Wir wünschen unseren Brüdern und Schwestern hier in Berlin und in allen jüdischen Gemeinden Deutschlands, den Juden an allen Orten der Welt und besonders in Israel, ein koscheres und frohes Pessachfest.

»Nächstes Jahr in Jerusalem«